Ukraine wohin?

 

Die EU-Erweiterung stockt; das Gleiche kann man von der EU-Integration sagen. Die Erweiterungseuphoriker treten mittlerweile leiser oder sind in ihrem hochdotierten Ruhestand.

Jede Neuaufnahme wie die jüngste mit Kroatien bringt neue Probleme und potenziert die alten.

Der ganze Balkan soll in einer überschaubaren Zeit, also rasch, in die EU aufgenommen werden. Die EU ist ja schließlich ein gigantisches Friedensprojekt. Die Ökonomie wird sich schon fügen, schließlich gibt es noch einige „gesunde“ Kernländer, die den Karren schon schaukeln werden.

Dass dieser Kurs nicht auf ungeteilte Zustimmung stößt, zeigt das Aufkommen von sogenannten rechtspopulistischen, oft auch rechtsradikal genannten politischen Gruppierungen und Parteien. Es ist überhaupt  ein politischer  Rechtstrend zu verzeichnen. Die blinde Staatsgläubigkeit ist im Abnehmen begriffen. Die Wahlen zum EU-Parlament im Mai des kommenden Jahres werfen ihre Schatten voraus und allgemein wird mit einer deutlichen Stärkung der EU-kritischen Parteien gerechnet.

 

Wo soll die EU-Erweiterung enden?

Die wohlhabenden Norweger wollen nicht beitreten, ähnlich verhält es sich mit der Schweiz.

Bleibt der arme Osten. Die Ukraine wird immer wieder vor allem von Sicherheitsstrategen der NATO ins Spiel gebracht.

Mit der Sinnkrise des westlichen Militärbündnisses und zahlreichen gescheiterten Militärinterventionen im Nahen und mittleren Osten wie in Nordafrika beginnt ein allmähliches Umdenken.

Der Raketenschild verliert seine Plausibilität, die Osterweiterung des Bündnisses hat seine Priorität in den mittelfristigen Planungen verloren.

Solange nicht absehbar ist, wie die EU ihre ökonomische Krise löst, so lange unklar ist, wie große Länder wie Spanien, Italien und Frankreich ihre angespannte Lage lösen, ist jede Erweiterungsphantasie obsolet.

Die Aufnahme und Integration der Ukraine in die EU muss konsequenterweise von der Tagesordnung genommen werden. Die EU wäre mit dem riesigen 50Millionen-Einwohner-Land hoffnungslos überfordert.

Die Ukraine ist ein großes Land mit einer jungen Geschichte und großen Tradition. Es ist ein reiches Land, ein geteiltes Land, ein Land auf das die dortigen Menschen stolz sind. Es ist ein slawisches Land, das weniger mit dem Kopf als mit dem Herz zu verstehen ist.

Es gibt keine nennenswerte Gruppe, die für einen Beitritt in die krisengeschüttelte EU wirbt.

Das Land hat genügend eigene Ressourcen, Rohstoffe, schwarze Erde, Industrie, ein gutes Bildungswesen, eine einigermaßen funktionierende Infrastruktur, ein gutes Sozialkapital, um mittelfristig auf eigenen Beinen stehen zu können. Die Teilung des Landes in West und Ost, ist kein unüberwindbares Hindernis und kann demokratisch und nachbarlich gelöst werden.

Ein entspanntes Verhältnis zu Russland liegt im ureigenen Interesse beider Länder. Eine wirtschaftliche und politische Partnerschaft mit Russland wird nichts an der Souveränität der Ukraine ändern können.

Eine EU-Mitgliedschaft bringt keine Lösung der anstehenden Probleme, eher eine Verschärfung.

Eine privilegierte Partnerschaft wie sie etwa die Türkei besitzt, ist naheliegend und erreichbar. Sie zu erreichen, sollte das Ziel der beiden Partner sein.

 

Wien, November 2013, P.L.