Österreichische
Sicherheitsstrategie
Sicherheit in
einer neuen Dekade – Sicherheit gestalten
1. Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert
Die
aktuellen und absehbaren Rahmenbedingungen für die Sicherheit Österreichs und
der Europäischen Union unterscheiden sich grundlegend von jenen in der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Folgen des früheren Ost-West-Konflikts
bestimmen nicht mehr wie bisher die sicherheitspolitische Agenda. Daher und
aufgrund des gesamteuropäischen Prozesses der Integration und Zusammenarbeit
haben die europäischen Staaten erstmals in der Geschichte die Chance auf eine
selbstbestimmte, dauerhafte gemeinsame Zukunft in einem Raum des Friedens, der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.
Gleichzeitig
ist die sicherheitspolitische Situation in Europa durch neue Herausforderungen,
Risiken und Bedrohungen bestimmt. Diese sind komplexer, stärker miteinander
vernetzt und weniger vorhersehbar als bisher. Sie betreffen die innere und
äußere Sicherheit. Im Zeitalter der Globalisierung können dabei regionale
Ereignisse globale Auswirkungen haben. Aspekte der individuellen Sicherheit
gewinnen an Bedeutung: Der Mensch mit seinen Grundrechten und Grundbedürfnissen
steht im Zentrum sicherheitspolitischer Überlegungen.
Moderne
Sicherheitspolitik ist heute ein Querschnittsthema, das in beinahe allen
Lebens- und Politikbereichen mitgedacht werden muss. Sie muss umfassend
und integriert angelegt, aktiv gestaltet und solidarisch
umgesetzt werden.
Umfassende
Sicherheit bedeutet, dass äußere und
innere sowie zivile und militärische Sicherheitsaspekte aufs Engste verknüpft
sind. Sie geht über den Rahmen der klassischen Sicherheitsressorts hinaus und
schließt Instrumente der Wirtschafts-, Sozial-, Integrations-, Entwicklungs-,
Umwelt-, Landwirtschafts-, Finanz-, Verkehrs- und Infrastruktur-, Bildungs-,
Informations- und Kommunikations- sowie der Gesundheitspolitik ein. Integrierte
Sicherheit muss auf eine Arbeitsteilung unter den involvierten staatlichen
und nichtstaatlichen Akteuren achten. Sicherheit ist sozusagen als Gesamtpaket
zu verstehen. Proaktive Sicherheitspolitik
heißt darauf hinzuwirken, dass Bedrohungen erst gar nicht entstehen oder sich
zumindest weniger nachteilig auswirken (Sicherheit gestalten). Solidarische
Sicherheitspolitik trägt dem Umstand Rechnung, dass die Sicherheit des
neutralen Österreichs und der EU heute weitestgehend miteinander verbunden
sind.
Die
österreichische Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert umfasst somit alle
Maßnahmen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene,
· zur aktiven Gestaltung einer für Österreich und seine
Bevölkerung sowie die Europäische Union (EU) insgesamt vorteilhaften
sicherheitsrelevanten Situation,
· zur Verhinderung des Entstehens oder Wirksamwerdens
von Bedrohungen
· und zum Schutz gegenüber Bedrohungen bzw. zu deren
Bewältigung.
2. Die österreichische Sicherheitslage
2.1.
Umfeldanalyse
2.1.1.
Entwicklungen in Europa und auf internationaler Ebene
Die
sicherheitspolitischen Entwicklungen in Europa sind in steigendem Maß vom
Wirken Internationaler Organisationen, insbesondere der Europäischen Union
(EU), geprägt. Diese hat sich zu einem anerkannten Akteur mit zunehmender
Handlungsfähigkeit in den Bereichen Justiz und Inneres sowie Außen- und
Sicherheitspolitik entwickelt. Die EU steht exemplarisch für politische
Stabilität, Sicherheit und Wohlstand. Das Stabilitäts- und Wohlstandsgefälle an
der Peripherie des Kontinents wirkt sich nachteilig auf die europäische
Sicherheit aus.
Die
komplexen Probleme in Sicherheitsfragen können nur mehr durch internationale
Kooperation gelöst werden. Damit wird die Rolle von Internationalen
Organisationen und Foren und deren Zusammenwirken im Sinne eines „comprehensive approach“ immer
bedeutender. Jene von Einzelstaaten hingegen nimmt, relativ gesehen, in aller
Regel ab. Dennoch werden einige aufstrebende Mächte an wirtschaftlicher, aber
auch sicherheitspolitischer Bedeutung stark gewinnen. Dass manche von diesen
die demokratischen, menschenrechtlichen und rechtsstaatlichen Werte nicht
ausreichend vertreten, stellt eine zusätzliche Herausforderung dar.
Die EU beabsichtigt, sich vermehrt den neuen
sicherheitspolitischen Aufgaben zu stellen. Sie wird in Zukunft flexibel auf
neuartige Herausforderungen reagieren müssen und neue Instrumente und
Mechanismen entwickeln, etwa für die Bewältigung der sicherheitspolitischen
Folgen von regionalen Krisen, Umweltkatastrophen, Migration oder des
Klimawandels. Das Handeln der EU auf
anderen, breiteren Politikfeldern umfasst vermehrt auch sicherheitspolitische
Elemente, so etwa im Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess für die Länder
des westlichen Balkans, in der EU-Nachbarschaftspolitik, der Zusammenarbeit mit
den Mittelmeeranrainerstaaten, der EU-Donauraumstrategie
oder der Entwicklungszusammenarbeit.
Im
Bereich der inneren Sicherheit schreitet der Aufbau des Raums der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts in Europa zügig voran. Hauptprioritäten sind die
Förderung der Rechte der Bürger, ein Europa, das Schutz bietet, Migrations- und Asylfragen sowie die Stärkung der externen
Dimension von Freiheit, Sicherheit und Recht. Zudem legt die 2010 beschlossene
Strategie der inneren Sicherheit der EU ein „europäisches Sicherheitsmodell“
fest. Ziel ist es, auch die Ursachen der Unsicherheit und nicht nur ihre
Auswirkungen zu bekämpfen, Prävention und Antizipation Vorrang einzuräumen,
alle politischen, wirtschaftlichen und sozialen Sektoren, die relevant für den
Schutz der Bevölkerung sind, einzubeziehen und innere und äußere Sicherheit
stärker zu vernetzen. Die von Österreich initiierte, aus acht EU-Ländern
bestehende mitteleuropäische Sicherheitspartnerschaft „Forum Salzburg“ wird in
der Strategie der inneren Sicherheit der EU besonders hervorgehoben.
Die
EU hat durch die Schaffung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
(GASP), der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) und deren
Vertiefung durch den Vertrag von Lissabon ihr Potential als
Krisenmanagement-Akteur bedeutend ausgebaut. So wurden die so genannten „Battlegroups“ sowie „Civilian
Response Teams“ als rasch verfügbare Einsatzelemente der EU ins Leben gerufen
und die Bandbreite der einschlägigen Aufgaben („Petersberg-Aufgaben“)[1]
inhaltlich erweitert. Die weltweiten GSVP-Operationen
decken einen breiten Bereich an Krisenmanagement-Missionen ab, vom klassischen Peace-Keeping über zivil-militärische Einsätze bis hin zu
komplexen zivilen Missionen zum Aufbau eines umfassenden Rechtsstaatssystems.
Der Vertrag von Lissabon verpflichtet die Mitgliedstaaten in diesem
Zusammenhang, ihre zivilen und militärischen Fähigkeiten schrittweise zu
verbessern und diese der EU für die GSVP zur Verfügung zu stellen[2].
Ferner wurden eine gegenseitige Beistandsverpflichtung im Fall bewaffneter
Angriffe, die den besonderen Charakter der Sicherheits- und
Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt lässt[3],
und eine Solidaritätsklausel mit der Verpflichtung zur solidarischen
Hilfeleistung bei Terrorangriffen oder Katastrophen[4]
eingeführt.
Der
Europarat, dem mittlerweile fast alle europäischen Staaten angehören, ist
eine zentrale Institution zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie. Alle Mitgliedstaaten sind zur
Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet. Die
Bestimmungen dieser Konvention sind beim Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte einklagbar. Eine unmittelbare sicherheitspolitische Funktion
kommt dem Europarat bei der Krisenprävention und der Krisennachsorge zu.
Die
Vereinten Nationen (VN) widmen sich als universelle Organisation in
umfassender Weise allen Aspekten von Sicherheit, sowohl durch ihre eigenen
Organe als auch durch Spezialorganisationen. Neben dem Hauptziel der Erhaltung
des Friedens und der internationalen Sicherheit verfolgen die VN die Förderung
freundschaftlicher Beziehungen unter den Völkern und die Stärkung der
internationalen Kooperation im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und
humanitären Bereich. Der zunehmenden Interdependenz zwischen Sicherheit und
Entwicklung tragen die Millenniums-Entwicklungsziele zur nachhaltigen und
langfristigen Verbesserung der globalen Sicherheitslage, insbesondere der
bestmöglichen Beseitigung der strukturellen Konfliktursachen wie Armut,
Bildungsdefizite und Diskriminierung einzelner Bevölkerungsgruppen, Rechnung.
Die VN haben die höchste völkerrechtliche Legitimität sowie die längste
Erfahrung im klassischen Peace-Keeping. Dieses wird
auf absehbare Zeit das wichtigste sicherheitspolitische Tätigkeitsfeld der VN
bleiben. Zusätzlich wollen sich die VN verstärkt weiteren
Krisenmanagement-Aufgaben, insbesondere der Konfliktprävention und dem
Peace–Building, zuwenden.
Die
North Atlantic Treaty Organization (NATO) wird
gemäß ihrem neuen Strategischen Konzept von 2010 zum einen ihre traditionelle
Aufgabe als Verteidigungsbündnis[5]
fortführen und zum andern eine größere Rolle im gesamten Spektrum des
internationalen Krisenmanagements wahrnehmen. Dabei arbeitet die NATO im Sinne
eines kooperativen Sicherheitsverständnisses eng mit ihren Partnern zusammen,
wobei die Partnerschaften – die Partnerschaft für den Frieden (PfP), der Euroatlantische Partnerschaftsrat (EAPC),
Partnerschaften mit EU, VN, Russland sowie weiteren globalen Partnern – im
neuen Strategischen Konzept eine weitere signifikante Aufwertung erfahren.
Die
NATO will sich überdies vermehrt neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen
und Aufgabenstellungen zuwenden sowie unter verstärkter Einbindung ihrer
Partner in Hinkunft eine größere allgemein-politische Rolle spielen, indem sie
zum einen als Forum für internationale Sicherheitskonsultationen dienen und
sich zum andern zugunsten der Abrüstung engagieren will.
Die
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat eine
angestammte Rolle im politisch-militärischen Bereich,
vor allem bei konventioneller Abrüstung, Konfliktverhütung, Vertrauensbildenden
Maßnahmen, Polizei- und Grenzmanagementunterstützung, im Bereich der
Wirtschaftsentwicklung sowie im Bereich der Menschlichen Dimension inklusive
der Menschen- und Minderheitenrechte, der Demokratie und der
Rechtsstaatlichkeit. Die OSZE steht traditionell für einen umfassenden
Sicherheitsbegriff.
2.1.2.
Herausforderungen, Risiken und Bedrohungen
Konventionelle
Angriffe gegen Österreich sind auf absehbare Zeit unwahrscheinlich geworden.
Umso mehr sind Österreich und die EU von neuen Herausforderungen, Risiken und
Bedrohungen betroffen.
Dazu
zählen vor allem: der internationale Terrorismus; die Verbreitung von
Massenvernichtungswaffen, auch unter nicht-staatlichen Akteuren; die Europa
betreffenden oder globalen Auswirkungen innerstaatlicher und regionaler
Konflikte oder Umwälzungen; das „Scheitern“ von Staaten; natürliche und von
Menschen verursachte Katastrophen; Angriffe auf die Sicherheit der IT-Systeme
(„Cyber Attacks“); die
Bedrohung strategischer Infrastruktur; die grenzüberschreitende Organisierte
Kriminalität, Drogenhandel, Wirtschaftskriminalität, Korruption, illegale
Migration; nicht gelingende Integration; Knappheit von Ressourcen (Energie,
Nahrungsmittel, Wasser), Klimawandel, Umweltschäden und Pandemien; Piraterie
und die Bedrohung der Verkehrswege sowie die sicherheitspolitischen
Auswirkungen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise.
Aufgrund
weiter zunehmender politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher
Vernetzungen ist mit einer fortschreitenden Internationalisierung der
Herausforderungen für die Sicherheit Österreichs zu rechnen.
Ein
arbeitsteiliges, nach dem Prinzip der komparativen Vorteile ausgerichtetes
Zusammenwirken der internationalen Akteure („vernetzte Sicherheit“, „comprehensive approach“) wird
immer bedeutender. Dabei sollen – wie auf österreichische Initiative im „Wiener
3K-Appell“ gefordert – die Gesichtspunkte der Koordination, der Komplementarität und der Kohärenz prioritär
beachtet werden.
2.1.3.
Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten
Sicherheitspolitik
muss als Chance zur aktiven Gestaltung begriffen werden. Eine Konzentration auf
die bloße Reaktion auf Bedrohungen würde zu kurz greifen. Aufgrund seiner
geografischen Lage, kulturellen und politischen Vernetzung sowie seiner
traditionellen, international anerkannten aktiven Außen- und Sicherheitspolitik
ergeben sich für Österreich besondere Mitgestaltungsmöglichkeiten im Bereich
der inneren und äußeren Sicherheit, sowohl bilateral als auch im Rahmen von
Internationalen Organisationen. Dies gilt im konzeptuellen Bereich und für
Krisenmanagementeinsätze. Österreich profitiert vom Bestehen starker und
effizienter Solidargemeinschaften und ist gleichzeitig gefordert, zu deren
Handlungs- und Funktionsfähigkeit angemessen beizutragen.
Österreich
nimmt seine Gestaltungschancen in erster Linie im Rahmen der VN, der EU, der
OSZE, von Partnerschaften mit der NATO und des Europarats wahr, darüber hinaus
in Kooperation mit regionalen Partnern sowie gegebenenfalls in Kooperation mit
weiteren geeigneten Akteuren. Die seit 1960 geführten Auslandseinsätze und die
Mitwirkung am internationalen Krisenmanagement stellen entscheidende
Instrumente des sicherheitspolitischen Handelns dar. Ein positiver Nebeneffekt
der Beteiligung am internationalen zivilen und militärischen Krisenmanagement
ist, dass das Bundesheer, die österreichischen Polizei- und Justizkräfte und
sonstige Experten in einem internationalen Netzwerk und Wettbewerb stehen. Sie
sind damit einem laufenden Verbesserungs- und Modernisierungsprozess
unterworfen. Das ist eine Grundlage dafür, dass die österreichischen Kräfte
stets modernsten und besten Standards genügen.
Regionale
Initiativen, wie die österreichischen zum Donauraum oder zur Schwarzmeerregion,
eröffnen weitere Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten.
2.2.
Analyse der österreichischen Situation
Österreich
ist ein demokratischer Rechtsstaat mit einem hohen Standard an Grundrechten und
auf der verfassungsrechtlichen Grundlage seiner immerwährenden Neutralität
Mitglied der EU. Österreich ist auch aktives Mitglied in anderen
sicherheitspolitisch relevanten internationalen Organisationen.
Österreich
ist von stabilen demokratischen Staaten umgeben. Zugleich liegt es potentiellen
Krisenregionen an den Rändern Europas geografisch näher als andere
Mitgliedstaaten der EU und ist somit stärker mit Instabilitäten aus dem Umfeld
der Union konfrontiert.
Aufgrund seiner Topografie
ist Österreich überdies von spezifischen Risiken durch Naturkatastrophen
betroffen.
Österreich
genießt als einer der Sitzstaaten der VN, als Sitzstaat der OSZE und anderer
sicherheitspolitisch relevanter und mit Abrüstungsthemen befasster
Internationaler Organisationen sowie als Tagungsort einschlägiger Konferenzen
und aufgrund seiner traditionellen Vermittlungstätigkeit hohes Ansehen. Das
erhöht seinen sicherheitspolitischen Stellenwert. Damit gehen für Österreich
aber auch eine größere Verantwortung sowie die Notwendigkeit zur Wahrnehmung
zusätzlicher Schutzfunktionen für diese Einrichtungen und ihre Benutzer einher.
Österreich
zeichnet sich durch sozialen Frieden und einen hohen Standard im Bereich der
inneren Sicherheit aus. Das begünstigt seine Rolle als erfolgreiches
Tourismusland und bringt die Herausforderung mit sich, die Sicherheit seiner
Gäste zu gewährleisten. Als Schengenstaat ist Österreich gefordert, aktiv zur
Gewährleistung von Sicherheit und Reisefreiheit im Schengenraum beizutragen.
Der
relativ hohe Anteil von in Österreich lebenden Menschen mit Migrationshintergrund
bedeutet zusätzliches Know-how, das auch im Interesse der Sicherheit genutzt
werden kann, aber zugleich spezifische Herausforderungen im Bereich der inneren
Sicherheit.
3. Das österreichische
Sicherheitskonzept in der neuen Dekade
3.1.
Sicherheitspolitische Werte, Interessen und Ziele
Die
Republik Österreich ist auf feste Werte gegründet. Diese Grundwerte bilden die
Basis für das politische Handeln und damit auch die Grundlage der
österreichischen Sicherheitspolitik.
Zu
den Grundwerten zählen die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie
eine Verpflichtung gegenüber den Prinzipien der pluralistischen Demokratie, der
Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltentrennung. Die Republik Österreich bekennt
sich zu Toleranz und Respekt gegenüber allen Menschen, ungeachtet ihrer
Herkunft, Religion oder Weltanschauung, und schützt deren Würde. Sie würdigt
die verfassungsmäßig verankerten Rechte nationaler Minderheiten. Die Republik
Österreich schützt somit die Freiheit und Rechte aller Menschen, die hier
leben, und wahrt die Sicherheit des Landes. Sie fördert den Wohlstand durch
wirtschaftliche Freiheit und soziale Gerechtigkeit sowie die Identität und
kulturelle Vielfalt des Landes und baut auf föderalistischen Strukturen auf.
Sie sorgt für Chancengleichheit unter ihren Bürgerinnen und Bürgern und setzt
sich für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie eine
friedliche und gerechte internationale Ordnung ein.
Österreich
ist einer Politik des Friedens verpflichtet. Es ist integraler Bestandteil der
Rechts- und Wertegemeinschaft der EU. Weiters ist Österreich den Zielen der VN
verpflichtet.
Österreich
verfolgt folgende Interessen und politisch-strategische Ziele:
· Umfassender Schutz der österreichischen Bevölkerung.
· Gewährleistung der territorialen Integrität und der
Selbstbestimmung sowie der Handlungsfreiheit der Republik.
· Schutz der rechtsstaatlich-demokratischen
Verfassungsordnung samt den Grund- und Freiheitsrechten.
· Förderung von Gemeinwohl und Schutz von Würde und
Persönlichkeit.
· Aufrechterhaltung des sozialen Friedens und des
Zusammenhaltes der Gesellschaft in Österreich sowie Förderung eines guten,
sicheren Zusammenlebens.
· Stärkung der demokratischen Gesellschaft gegenüber
extremistischen und fundamentalistischen Strömungen und Einflussnahmen.
· Sicherstellung der Verfügbarkeit lebensnotwendiger
Ressourcen.
· Stärkung der Widerstandsfähigkeit des öffentlichen
und privaten Sektors gegen natürliche oder von Menschen verursachte Störungen
und Katastrophen.
· Aufrechterhaltung
einer leistungsfähigen Volkswirtschaft und Vorsorge gegen krisenbedingte
Störungen der Wirtschaft; Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit
lebensnotwendigen Gütern sowie Schutz kritischer Infrastruktur.
· Erhaltung
einer lebenswerten Umwelt im Rahmen des umfassenden Umweltschutzes und
Minimierung der negativen Auswirkungen von Natur- oder technischen
Katastrophen.
· Verstärkung und Ausbau der Maßnahmen zur nationalen
sowie internationalen humanitären und Katastrophenhilfe.
· Aus- und Aufbau effizienter ziviler und militärischer
Kapazitäten und Strukturen entsprechend internationalen Standards zur Erfüllung
sicherheitspolitischer Aufgaben.
· Stärkung des europäischen Raumes der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts und von partnerschaftlichen Beziehungen mit Ländern
im sicherheitsrelevanten Umfeld der EU.
· Beitragsleistung zu Sicherheit und Reisefreiheit im
Schengenraum.
· Umfassende Förderung von Stabilität und Sicherheit im
Umfeld Österreichs sowie Verhinderung des Entstehens und der Eskalation von
Konflikten.
· Bekämpfung des internationalen Terrorismus, von
Organisierter Kriminalität und Korruption.
· Eindämmung der illegalen Migration und Bekämpfung der
Schlepperei.
· Unterstützung der internationalen Bemühungen um
Krisenfrüherkennung, Konfliktverhütung, Krisenbewältigung und Krisennachsorge.
· Unterstützung von Maßnahmen zum Schutz der
Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten, insbesondere von Frauen und Kindern.
· Stärkung der Handlungsfähigkeit Internationaler
Organisationen.
· Regionale
und globale Abrüstung und Rüstungskontrolle, Sicherheitssektorreform sowie
Verhinderung der Proliferation von
Massenvernichtungswaffen.
· Mitwirkung an der Entwicklungszusammenarbeit.
· Sicherstellung konsularischer Hilfeleistung für
österreichische Staatsbürger im Ausland.
· Förderung
eines breiten Sicherheitsbewusstseins der Bevölkerung.
3.2.
Sicherheitspolitik auf nationaler Ebene
3.2.1.
Umfassende Sicherheitsvorsorge
Österreich
verwirklicht seine Sicherheitspolitik im Rahmen des Konzepts der „Umfassenden
Sicherheitsvorsorge“ (USV). Diese zielt auf das systematische Zusammenwirken
verschiedener Politikbereiche auf Basis einer Gesamtstrategie und der
relevanten Teilstrategien ab. Ein umfassendes Lagebild aller Akteure und ein
darauf aufbauendes gemeinsames Lageverständnis sind notwendige Grundlagen für
sicherheitspolitische Entscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene.
Dabei sollen Synergien im Sicherheitsbereich im Rahmen eines gesamtstaatlichen
„Sicherheitsclusters“ erzielt werden.
3.2.2. Innere Sicherheit
Ziel der österreichischen
Sicherheitspolitik ist es, Österreich zum sichersten Land mit der höchsten
Lebensqualität zu machen. Der soziale Frieden soll gestärkt und den Menschen in
Österreich ein Leben in Sicherheit und Freiheit ermöglicht werden. Deshalb
werden insbesondere folgende Ziele verfolgt, die auch bei der Gestaltung der
Politik auf europäischer und internationaler Ebene zu berücksichtigen sind:
· Kriminalität wirksam bekämpfen: Kriminalität verändert sich laufend. Dies erfordert
flexible Gegenstrategien. Neben den klassischen Herausforderungen der
Massenkriminalität, der Gewalt gegen Leib und Leben und der
Eigentumskriminalität, sind Phänomene wie die Computer- und
Netzwerkkriminalität und die Wirtschaftskriminalität konsequent zu bekämpfen.
· Neue Wege in der Prävention: Prävention bedarf angesichts der steigenden
Herausforderungen stärker als zuvor eines gesamtgesellschaftlichen Ansatzes.
Dabei geht es um innovative Partnerschaften mit der Zivilgesellschaft und die
stärkere Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die Kriminalprävention und
Kriminalitätsbekämpfung.
· Asyl sichern:
Menschen Schutz vor Verfolgung zu gewähren, ist ein Gebot der Menschlichkeit
und gute österreichische Tradition.
· Illegale Migration bekämpfen: Die wirksame Bekämpfung von Asylmissbrauch,
illegaler Migration und Schlepperei erleichtert es, Flüchtlingen Schutz zu
gewähren.
· Migration steuern: Es gilt, Migration gezielt nach den Bedürfnissen Österreichs zu
steuern.
· Integration fördern und fordern: Integration stärkt den sozialen Frieden und erhöht
den wirtschaftlichen Erfolg. Ein gutes Zusammenleben aller Menschen in
Österreich stärkt auch die innere Sicherheit. Integration ist Aufgabe und
Verantwortung jedes Einzelnen. Dafür müssen die notwendigen Rahmenbedingungen
bereitgestellt und alle integrationsrelevanten Akteure koordiniert werden.
· Daten nützen und schützen: Kaum ein anderer Lebensbereich entwickelt sich so
rasant wie die Technik. Kriminalität muss mit den modernsten zur Verfügung
stehenden Mitteln bekämpft werden. In einer zunehmend digitalisierten Welt wird
zugleich der Datenschutz ein immer bedeutenderes Thema.
Die Kräfte der inneren
Sicherheit, insbesondere der Polizei, müssen zu nationalen und internationalen
Aufgaben befähigt sein. Das umfasst auch die Bereitstellung einer ausreichenden
Anzahl von geeigneten und entsprechend ausgebildeten Polizisten, Richtern,
Staatsanwälten und sonstigen Experten für die Beteiligung an internationalen
Krisenmanagement-Einsätzen.
Natürlichen und technischen
Katastrophen muss – trotz der diesbezüglich bestehenden gegenseitigen
Unterstützungspflichten im Rahmen der EU – in erster Linie durch
innerstaatliche Vorkehrungen und Maßnahmen begegnet werden. Im Gesamtsystem der
österreichischen und internationalen Katastrophenhilfe kommt dem Zusammenwirken
von staatlichen Akteuren und NGOs besondere Bedeutung zu. Das Österreichische
Bundesheer (ÖBH) bleibt dabei ein unverzichtbares Instrument.
Cyberkriminalität,
Cyber-Angriffe oder der Missbrauch des Internet für extremistische Zwecke oder
Netzwerksicherheit stellen besondere neue Herausforderungen für alle
betroffenen Akteure dar und erfordern ein breites Zusammenwirken im Rahmen
eines Gesamtkonzepts.
3.2.3. Verteidigungspolitik
Österreichs
Verteidigungspolitik ist integrales Element der nationalen Umfassenden
Sicherheitsvorsorge (USV). Sie wirkt mit der Außenpolitik und der Politik der
inneren Sicherheit zusammen (1) zur Gewährleistung der vollen staatlichen
Souveränität und Integrität, (2) zum Schutz der verfassungsmäßigen
Einrichtungen und der kritischen Infrastruktur, (3) zum Schutz der Bevölkerung,
auch im Bereich der Katastrophenhilfe, (4) zur Unterstützung der staatlichen
Handlungsfähigkeit in Krisensituationen strategischen Ausmaßes, (5) zur
solidarischen Leistung von Krisenmanagementbeiträgen und (6) zu einem
militärischen Solidarbeitrag zum sicherheitspolitischen Handeln der EU.
Die
Bewältigung von subkonventionellen Bedrohungen oder von neuen Gefährdungen in
Folge von Cyber-Angriffen kann zu einem neuen militärischen Aufgabenfeld
werden. Auch die Befähigung zu Evakuierungseinsätzen ist als militärische
Aufgabe sicherzustellen.
Darüber
hinaus hat das Bundesheer eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der
inneren Sicherheit. Es müssen alle Aufgaben bewältigbar
sein, die sich aufgrund von Assistenzanforderungen ziviler Behörden ergeben.
Dazu zählen etwa Assistenzleistungen zur Unterstützung sicherheitspolizeilicher
Aufgaben, Hilfeleistungen bei Katastrophen oder Beiträge zum Schutz kritischer
Infrastrukturen.
Beitragsleistungen
zum internationalen Krisenmanagement sind ein wesentlicher Aufgabenbereich des
ÖBH. Durch sein Auslandsengagement leistet es einen anerkannten internationalen
Solidarbeitrag und vermindert negative Rückwirkungen internationaler
Sicherheitsprobleme auf Österreich. Die Auslandseinsätze sind daher auf hohem
Niveau fortzusetzen.
Das
ÖBH wird seinen Beitrag zur gesamtstaatlichen Lagebeurteilung als Instrument
der politischen und militärischen Vorwarnung und Unterstützung der staatlichen
Führungsfähigkeit verstärken.
Die
Fähigkeiten des ÖBH sind im Lichte der nationalen und internationalen
Entwicklungen permanent weiterzuentwickeln. Die lageangepasste „Aufwuchsfähigkeit“ ist sicherzustellen.
3.2.4.
Zivil-militärische Zusammenarbeit
Die
Fähigkeit zur vertieften zivil-militärischen Zusammenarbeit ist von zentraler
Bedeutung für die Auftragserfüllung im In- und Ausland und soll weiter
ausgebaut werden. Eine effiziente zivil-militärische Kooperation im Inland ist
Grundlage für ein erfolgreiches internationales Zusammenwirken. Im
internationalen Rahmen basiert die zivil-militärische Zusammenarbeit auf den
Zielen und Prinzipien des österreichischen Leitfadens „Sicherheit und
Entwicklung“.
3.2.5.
Diplomatie und Amtssitzpolitik
Der österreichische diplomatische Dienst trägt mit
seinem Netzwerk von Vertretungsbehörden sowie durch seine Mitwirkung im Rahmen
Internationaler Organisationen und Konferenzen dazu bei, dass österreichische
Interessen in die internationale sicherheitspolitische Debatte einfließen. Die
sich für Österreich bietenden Chancen müssen auf diesem Weg erkannt und das
internationale Krisenmanagement muss auch im Sinne österreichischer Interessen
weiterentwickelt werden. Der diplomatische Dienst nimmt für die
innerstaatlichen Stellen eine Vertretungs-, Informations- und
Beurteilungsfunktion wahr.
Österreich
hat sich als Vermittler in internationalen Konfliktsituationen bewährt und wird
daher unter Einbringung seiner komparativen Vorteile auch künftig aktiv seine
guten Dienste anbieten und einschlägige Mediationsmöglichkeiten
wahrnehmen. Österreich wird das Wirken der in Wien angesiedelten Organisationen
und Rüstungskontrollinstrumente[6]
weiterhin nach Kräften unterstützen und ihre Ziele fördern.
Österreich
wird sich um die Ansiedlung weiterer einschlägiger Organisationen und Agenturen
sowie die Ausrichtung von Konferenzen bemühen. Die bereits bestehende Rolle
Wiens als internationaler Amtssitz und als Drehscheibe für die internationale
Sicherheitspolitik soll weiter ausgebaut werden.
3.3.
Die österreichische Sicherheitspolitik im Rahmen der EU
Die
EU als umfassende Friedens-, Sicherheits- und Solidargemeinschaft bildet den
zentralen Handlungsrahmen für die österreichische Sicherheitspolitik.
Österreich wird sich an der Sicherheitspolitik der EU in allen ihren Dimensionen
beteiligen. Österreich unterstützt die Heranführung weiterer Staaten mit dem
Ziel der Übernahme von EU-Standards.
Die
EU bietet eine gute Grundlage für die erforderliche Vernetzung von innen- und
außenpolitischen Schwerpunktsetzungen.
3.3.1.
Justiz und Inneres
Österreich
wird aktiv zur Umsetzung und Weiterentwicklung der EU-Politik im Bereich Justiz
und Inneres beitragen. Die Wahrung österreichischer und mitteleuropäischer
Sicherheitsinteressen soll dabei durch ein enges Zusammenwirken mit den
Partnern im „Forum Salzburg“ erleichtert werden. Die 2010 beschlossene „Vision
Forum Salzburg 2020“ zielt auf die Zusammenarbeit in der EU, die regionale
Kooperation mit dem Ziel der Schaffung eines mitteleuropäischen
Sicherheitsclusters in der EU und die gemeinsame Beitragsleistung zur Umsetzung
der EU-Außenstrategie ab, insbesondere am Westbalkan und in der östlichen
EU-Nachbarschaft.
Weitere
grundlegende Ziele der österreichischen EU-Politik sind die Gewährleistung des
Schutzes der Grundrechte und der Privatsphäre, die Herausbildung einer
gemeinsamen Sicherheitskultur, die Stärkung der grenzüberschreitenden
polizeilichen Zusammenarbeit, die Entwicklung eines umfassenden Modells für den
Informationsaustausch, die Entwicklung und Umsetzung eines umfassenden Ansatzes
zu Asyl, Migration, Integration, Grenzmanagement sowie zur Bekämpfung von
illegaler Migration, Schlepperei und Menschenhandel und die Förderung des
interkulturellen Dialogs.
Insgesamt
wird, im Sinne einer aktiven Sicherheitspolitik, die schrittweise Herausbildung
und aktive Mitgestaltung einer „Architektur der inneren Sicherheit“ im Rahmen
der EU angestrebt. Diese soll auf dem Zusammenwirken der verschiedenen Behörden
der Mitgliedstaaten und europäischer Einrichtungen[7]
fußen.
Eine
wichtige Neuerung ist die im Lissabonner Vertrag enthaltene Verpflichtung zur
solidarischen Hilfeleistung für den Fall terroristischer Bedrohungen, bei
Naturkatastrophen oder bei von Menschen verursachten Katastrophen. Es gilt, die
Schaffung eines zivil-militärischen Fähigkeitsverbunds voranzutreiben, aus dem
heraus auch österreichische Beiträge in diesem Rahmen erfüllbar sein sollen.
3.3.2.
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
Österreich
wird als Mitglied der EU die GASP aktiv mitgestalten
und sich im Rahmen seiner Kapazitäten weiter am gesamten Spektrum der im EUV[8]
genannten Arten von GSVP-Aktivitäten, einschließlich
der Battlegroups, beteiligen.
An
den Diskussionen zur Planung, Gestaltung und Weiterentwicklung der GSVP wird
Österreich aktiv teilnehmen sowie Mitwirkungsmöglichkeiten rechtzeitig bewerten
und sicherstellen. Dies gilt auch für die Bestimmung des Lissabonner Vertrages
über die gemeinsame Verteidigungspolitik, die zu einer Gemeinsamen Verteidigung
führen kann[9];
es gilt weiters für die zu schaffende Ständige Strukturierte Zusammenarbeit[10]
sowie für die Mitwirkung an der gestärkten Europäischen Verteidigungsagentur,
um von Synergien bei technologischen Entwicklungen und bei Beschaffung und
Absatz zu profitieren[11].
Vermehrte Anstrengungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten sind zu
erwarten, den Mitteleinsatz für die GSVP wirtschaftlicher, zielorientierter und
effizienter zu gestalten. Dies wird vermehrte Kooperation sowie Arbeits- und
Lastenteilung, auch über die Grenzen einzelner Organisationen hinweg, ferner
eine zunehmende Spezialisierung mit sich bringen. Eine Vertiefung der
Zusammenarbeit zwischen EU und NATO ist zu erwarten.
Die
Möglichkeiten des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) werden von Österreich
bestmöglich genutzt werden.
Die
Einladung an geeignete Drittstaaten zur Mitwirkung an dafür offenen GSVP-Aktivitäten wird von Österreich unterstützt.
3.3.3.
Europarat
Alle
Bemühungen, die neuen Europarats-Staaten im Osten des europäischen Kontinents
an die hohen Standards dieser Organisation heranzuführen, werden von Österreich
nachdrücklich unterstützt.
3.4.
Die österreichische Sicherheitspolitik im internationalen Rahmen
3.4.1.
Innere Sicherheit
Da
alle wesentlichen Herausforderungen für die innere Sicherheit Österreichs
internationale Dimension haben, strebt die österreichische Sicherheitspolitik
die proaktive Beitragsleistung zur Stabilität und
Sicherheit von Staaten an, die als problematische Herkunfts- und Transitländer
für die Sicherheit Österreichs und der EU relevant sind. Dabei geht es
insbesondere um folgende Ziele:
· die Unterstützung der Länder am Westbalkan bzw. in
Südosteuropa bei der weiteren Heranführung an EU-Sicherheitsstandards, wenn
möglich gemeinsam mit Partnern aus dem „Forum Salzburg“;
· die bedarfsorientierte Zusammenarbeit, vor allem mit
Ländern in der östlichen, aber auch der südlichen EU-Nachbarschaft, die
ebenfalls möglichst gemeinsam mit Partnern erfolgen soll;
· die zielgerichtete Kooperation mit den USA und
Russland, als strategischen Partnern der EU im Bereich innere Sicherheit, auch
in für Österreich unmittelbar relevanten Umfeldregionen.
Wesentlich
aus der Sicht der inneren Sicherheit ist zudem die verstärkte Nutzung von Kooperationsmöglichkeiten
im Rahmen der VN, wobei die von Österreich initiierte Internationale
Anti-Korruptionsakademie (IACA) besonders zu berücksichtigen ist. Auch die OSZE
soll im Interesse der inneren Sicherheit Österreichs verstärkt genützt werden.
3.4.2.
Äußere Sicherheit
3.4.2.1.
Vereinte Nationen
Im
Lichte seiner traditionellen Politik und anerkannten Expertise wird sich
Österreich umfassend an der Friedens- und Stabilitätsförderung durch die VN
beteiligen, insbesondere am VN-Krisenmanagement in seinem gesamten Spektrum. Im Rahmen seiner in den VN
bestehenden Möglichkeiten wird sich Österreich aktiv in die Diskussion über die
Entscheidungsfindung, die Planung und die Weiterentwicklung des
VN-Krisenmanagements einbringen. Gleiches gilt für die Diskussion um die
Ausarbeitung allfälliger neuer sicherheitspolitischer Tätigkeitsfelder der VN
und ihrer Spezialorganisationen.
Österreich
wird sich weiter um Mitgliedschaften in relevanten Organen der VN bewerben und
diese entsprechend nützen. Ferner wird sich Österreich engagiert an der
Umsetzung der von Österreich initiierten Sicherheitsratsresolution 1894 (2009)
betreffend den Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten und der
Weiterentwicklung des Konzepts beteiligen. Gleiches gilt für die Themen Frauen
und Kinder in bewaffneten Konflikten.
Österreich
wird sich im Rahmen der VN weiterhin militärisch aktiv engagieren und sein
besonderes Engagement im Rahmen von Peace-Keeping-
und Peace-Building-Einsätzen auf hohem Niveau
aufrechterhalten und weiterentwickeln. Die im VN-Peace-Keeping
eingesetzten Kräfte werden in Zukunft erhöhten Anforderungen hinsichtlich
Robustheit, Durchsetzungsfähigkeit, Ausrüstung und Ausbildung ausgesetzt sein.
3.4.2.2.
Als Partner der NATO
Es
liegt im österreichischen Sicherheitsinteresse, als NATO-PfP-Teilnehmer
und Mitglied des EAPC die Entwicklungen mitzugestalten.
Die Schaffung von neuartigen Instrumenten für die neuen Herausforderungen im
NATO-Rahmen ist daher laufend zu beobachten und zu bewerten. Mitwirkungsmöglichkeiten
an geeigneten, für Partner offenen Aktivitäten sollen genutzt werden.
Österreich
wird sich weiterhin an Nicht-Artikel-5-Einsätzen beteiligen, die in seinem
außen- und sicherheitspolitischen Interesse liegen und zu denen die NATO ihre
Partner einlädt.
3.4.2.3.
OSZE
Als
Sitzstaat wird Österreich die Weiterentwicklung der OSZE als multidimensionale
Sicherheitsorganisation nach Kräften fördern. Österreich wird sich weiterhin
aktiv an allen Beratungen der OSZE und an Feldmissionen beteiligen. Überdies
werden die Bemühungen zur Stärkung des Profils in Sicherheitsfragen „im Raum
von Vancouver bis Wladiwostok“ unterstützt. Dies umfasst auch den
„Korfu-Prozess“ zur Diskussion einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur
und die Bemühungen zur Stärkung ihrer Rolle als Plattform für den Austausch mit
anderen Sicherheitsorganisationen.
3.4.2.4.
Teilnahme an Missionen
Als
Kriterien für die Beteiligung an Missionen und Operationen der genannten
Organisationen gemäß Art. 23j B-VG und dem KSE-BVG kommen in erster Linie in
Betracht:
Aufgrund
seiner geopolitischen Lage und sicherheitspolitischen Betroffenheit sowie
seiner erworbenen Expertisen und Netzwerke werden auch in Hinkunft in erster
Linie Missionen in Südost- und Osteuropa sowie im Nahen Osten für Österreich
Priorität haben. Abhängig von internationalen Entwicklungen ist das dortige
Engagement anzupassen und gegebenenfalls zu erweitern, etwa vom Balkan in den
Donauraum und die Schwarzmeerregion oder vom Golan in weitere Bereiche des
Nahen und Mittleren Ostens oder ins nördliche Afrika.
[1] Art. 43 Abs. 2 EUV
[2] Art. 42 Abs. 3 EUV
[3] Art. 42 Abs. 7 EUV
[4] Art. 222 AEUV
[5] Art. 5 Nordatlantik-Vertrag
[6] Vienna Center for
Disarmament and Non-Proliferation (VCDNP), Internationale
Atomenergie-Organisation (IAEO), Preparatory
Commission for the Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization (CTBTO), Sekretariat des Hague Code of Conduct, Sekretariat
des Wassenaar Arrangement on Export Controls for
Conventional Arms and Dual-Use Goods and Technologies, Nuclear Suppliers Group
(NSG), United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC), International Centre
for Migration Policy Development (ICMPD) sowie die mit Fragen der
Wechselwirkung von Entwicklung
und Sicherheit befasste
Organisation für Industrielle
Entwicklung (UNIDO)
[7]Wichtige Elemente sind dabei das Europäische
Polizeiamt (EUROPOL), die Europäische Einheit für justizielle Zusammenarbeit
(EUROJUST), die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den
Außengrenzen (FRONTEX), die Europäische Polizeiakademie (CEPOL), das Gemeinsame
Lagezentrum der EU (SITCEN), das Europäische Asylunterstützungsbüro (EASO) oder
die in Wien angesiedelte Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA).
[8] Art. 43 Abs. 1 EUV
[9] Art. 42 Abs. 2 EUV
[10] Art. 42 Abs. 6 EUV
[11] Art. 45 EUV