Was jetzt?

 

Die drei wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Themenkomplexe zurzeit und wohl auch längerfristig sind der Corona-Virus, die Migrationsfrage und die künftige Wirtschaftssituation.

 

Parallel dazu sind die globalen politischen und militärischen Bündnissysteme und deren Verhältnisse zueinander zu sehen: Der sogenannte freiheitlich-demokratische Westen mit der Führungsmacht USA und  Europa, repräsentiert überwiegend durch die EU, das zwar eine ökonomische Macht darstellt, ohne allerdings über eine eigene militärische Macht zu verfügen, daneben China als aufstrebende Wirtschafts- und Militärmacht und Russland, das zwar über immense Rohstoffe, eine noch immer imposante militärische Macht, aber nur eine geringe wirtschaftliche Potenz verfügt. Dazu aufstrebende Staaten wie Indien oder Brasilien, die sich neben und zwischen den genannten Staaten oder Bündnisse bewegen.

 

Wie sind diese Gruppierungen bei den oben genannten Problembereichen zu sehen?

 

Der Kampf gegen das Corona-Virus: China hat die mit Abstand längsten Erfahrungen und es hat somit einen fast uneinholbaren Vorsprung, nicht zuletzt auch durch das politische System, das harte und konsequente Maßnahmen erlaubte und erlaubt, die im Westen kaum realisierbar sind. Ob sich in Indien die Ausgangssperre durchsetzen lässt, muss sich erst zeigen, der Erfolg muss bezweifelt werden. Russland wird um ähnlich rigide Maßnahmen wie in China nicht herumkommen. Unter Peter dem Großen, Katharina der Großen und auch unter Lenin und Stalin wurden landesweite Kampagnen, wenn auch gewaltsam, durchgesetzt. Die USA haben zu spät reagiert und ein mit China vergleichbares Krisenmanagement ist kaum vorstell- und realisierbar. In der EU zeigen sich nationale Alleingänge, die zwar das gleiche Ziel haben, jedoch unterschiedliche Wege aufweisen. Obwohl nicht unmittelbar für Gesundheitsanliegen zuständig, wird die ordnende Hand aus Brüssel vermisst und so die Autorität der EU-Instanzen untergraben. Die Dauer der Epidemie ist nicht abschätzbar; realistischerweise muss mit einem Weiterbestehen der Quarantänemaßnahmen bis Juni gerechnet werden. Bis dahin werden die Zahlen der Getesteten, der Infizierten, der Genesenen und vor allem der Toten massiv ansteigen. Vor allem aber wird die Zahl der Kurzarbeiter und der Arbeitslosen und auch der Betriebe und Unternehmen dramatisch steigen. Es wird sich zeigen, dass weder die UNO, die Weltgesundheitsbehörde und auch die EU keinerlei Hilfe bieten können, sondern die Nationalstaaten die ganze Last zu tragen haben werden. China und sein politisches System wird gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen; in den Vereinigten Staaten wird es primär darum gehen, dass die Wirtschaft möglichst rasch wieder anlaufen kann, dafür wird Trump sicher eher stehen als der Ostküsten-Intellektuelle Biden. Russland hat seine Führungsfrage für die nächsten 15 Jahre gelöst und auch in Staaten wie Indien und Brasilien sind gegenwärtig starke Führungspersonen an der Staatsspitze. Nur Europa und die EU werden geschwächt dastehen und die starke Hinorientierung zu den USA wird wohl in den nächsten knapp fünf Jahren weitere Risse bekommen.

 

In der Migrationsfrage zeigt sich, dass von den genannten Regionen  nur die EU ein Problem hat: Die USA haben ihre südlichen Grenzen abgeriegelt; China und Russland haben kein Problem mit illegalen Migranten und selbst in Brasilien und Indien spielt dieses Thema nur eine untergeordnete Rolle. Die EU-Organe und ihre wichtigsten Entscheidungsträger haben die Brisanz des Problems und die Bedeutung des Schutzes der Aussengrenzen erkannt. 2015 wird einhellig als Fehler und abschreckendes Beispiel genannt, auch wenn Merkel noch immer nicht einsieht, dass ihre damalige Entscheidung ein Fehler war. Die neu ins Leben gerufene Marine-Mission „Eirene“ im östlichen Mittelmeer ist eine fragwürdige Scheinaktion, die weder die (vorwiegend türkischen) Waffenlieferungen noch allfällige Seenotrettungen verhindern kann. Das neuerliche Versagen der EU-Institutionen wird weiters zur Schwächung der EU insgesamt beitragen und vor diesem Hintergrund beginnen Beitrittsverhandlungen mit westbalkanischen Kandidatenstaaten, wobei Serbien schon betont hat, dass es an einem Beitritt kein Interesse hat.

 

Der Kampf gegen das Corona-Virus drängt die Klimadebatte völlig in den Hintergrund. In Zeiten verschärfter Wirtschaftskrise gibt es weder Geld noch Zeit für ökologische Steuersysteme oder überzogene Klimabeiträge. Das ganze Gerede über Strafzahlungen für das Nichteinhalten von Emissions- bzw. Immissionsgrenzen wird schon schnell der Vergangenheit angehören. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass sich die EU und vor allem einige führende Mitgliedsstaaten als Vorreiter profiliert haben, wobei das Ergebnis eine einzige Enttäuschung ist. Im Gegensatz zu den USA, China, Russland und anderen wichtigen Staaten hat die EU mit negativen Konsequenzen zu rechnen; die weitere Integration wird nicht stattfinden, zumal Großbritannien vorzeigen wird, dass es allein ganz gut zurechtkommt: Very well alone!

 

In den drei genannten Themenbereichen sind die Rollen klar verteilt: Die USA, China, Russland und andere werden zwar beschädigt aber intakt aus der Krise kommen, nur die EU wird vor einem fundamentalen Reformprozess stehen. Das Schlechtreden der Nationalstaaten und das Beschwören der Globalisierung wird ein abruptes Ende haben.

 

 

 

Prof. Dr. Peter Serapion, Wien im März 2020