Umfassende Sicherheitsvorsorge

 

Die Sicherheitsdoktrin wurde unter schwarz-blau gegen die Stimmen der Opposition verabschiedet. Die Stossrichtung der Ressortvorarbeiten hat sich an dieser orientiert und es gibt daher eine Reihe problematischer Formulierungen und Vorhaben. Der Zusammenhang mit geltender Verfassungsrechtslage Art 9a und 79 B-VG sowie Entschließung zur Umfassenden Landesverteidigung a.d. Jahr 1975  ist nicht mehr erkennbar. Auch die institutionelle Anbindung und Struktur Stichwort - Koordination im BKA - u.Ä. hat sich weitgehend aufgelöst. Man lebt sicherheitspolitisch in einem rechtlich und politisch luftleeren Raum zwischen Recht und Realität und zwischen schwarz-blauen Fiktionen und rot-schwarzen Blockaden. In den Papieren findet sich kein Wort vom UN-Gewaltmonopol oder von Neutralität; eine geheime Agenda Richtung Nato MAP und Einsatzspektrum im vollen Petersbergspektrum. Eine kritische Diskussion wäre wichtig, um eine neue Basis zu finden.

 

Die Präambel sagt, dass das Konzept im „Einklang mit den Grundsätzen der VN-Charta“ stehe und Art. 9a B-VG (ULV-Verankerung) weiterhin gilt.

Die BmEiA-Unterlage geht vom Prinzip der Umfassenden Sicherheit aus. Dieses wird allerdings nach dem Nato-Konzept mit den Elementen Prävention, Sicherheit und Europäischer Solidarität angestrebt. „Die Europäische Sicherheit beruht auf dem engen Zusammenwirken von EU und Nato, OSZE, UNO, Europa-Rat werden spezifische Beiträge“ zugewiesen.“ Eine Langzeitanalyse fehlt. Schwerpunkt liegt auf gemeinsamen staatlichen Krisen- und Katastrophenmanagement. „Außenpolitik sei ein Instrument der Sicherheitspolitik.“ Österreich beteiligt sich am breiten Spektrum mit umfassendem Bedrohungsbild inkl. Terror, MVW und Proliferation des bis hin zu Flüchtlingsströmen. Ost- und Südosteuropa ist der zentrale Orientierungspunkt der Sicherheitspolitik Österreichs. Bei Rüstungskontrolle ist Proliferation ein Hauptthema während Abrüstung im Hintergrund gedrängt bleibt. Es wird auch von einer konsequenten Weiterentwicklung des „maßgeschneiderten Dialoges mit der Nato“ gesprochen, was verklausuliert die Verfolgung des Membership-Action Plan bedeutet. Nato-Partnerschaft tritt im Text nicht mehr auf, hauptsächlich ist von Nato die Rede.

 

Die BmLV-Unterlage a.d. Jahr 2002: Die etwas veraltete Grundfunktion Schutz der Souveränität der Bevölkerung und internationales Krisen- und Konfliktmanagement wird als Hauptaufgabe zu Grunde gelegt. Es soll auch f.d. Rahmen einer etwaigen Bündnisverteidigung vorbereitet werden. Die Weiterentwicklung der ESVP und die Mitwirkung an der strukturierten Zusammenarbeit werden inkl. Beistandsverpflichtung als Herausforderung genannt. Subkonventionelle Risiken werden genauso wie im BmI-Papier genannt. Sogar von einem nicht näher definierten österreichischen Beitrag zum ballistischen Raketenabwehrprojekt der USA wird gesprochen. Vier- bis fünfmal wird gefordert, dass Österreich dem framework nation concept eine Brigade f.d. gesamte Petersbergspektrum ausbildet und bereitstellt.

BmLV wird das im nächsten Jahr nach einer Evaluierung der Fortschritte hinsichtlich der Ziele der BH-Reformkommission machen. Die Beamten seien dieselben wie bei Beschlussfassung der Sicherheitsdoktrin. Das Konzept der Umfassenden Sicherheitsvorsorge fällt auf keinen fruchtbaren Boden. Eigentlich müssten die Basisdokumente unter den neuen politischen Bedingungen geändert werden, es herrscht jedoch eine „intellektuelle Ganzkörperlähmung“ in sicherheitspolitischen Fragen.

F.d. Framework-Brigade sollen Einsatzkräfte für ein Jahr im gesamten Petersbergspektrum bereitgestellt werden. Es sind aber immer dieselben (die im Einsatz stehen, jene f.d. battle groups...) Kräfte die da verplant werden, daher bleibt das Ziel aufrecht seine Erreichung wird immer weiter vertagt. Jetzt einmal auf 2015.

Und jetzt kommt der Lissabon-Vertrag: Bedeutet dieser eine Militarisierung? Mitwirkung an strukturierter Zusammenarbeit?

 

Ein Diskussionsbeitrag von Heinz Gärtner, November 2009.