Moldavia
Viele
Abgeordnete des moldauischen Parlaments möchten einige Entscheidungen der
jüngsten Zeit rückgängig machen; zu allererst die Einführung eines neuen
Wahlsystems in der Republik, das Verbot, mit einem sowjetischen Pass zu wählen und
die Ernennung von Corneliu Gurin zum neuen
Generalstaatsanwalt.
Erstaunlich
ist die Entstehung des neuen Wahlrechts: Am 16. April brachte eine Gruppe von
Abgeordneten im Parlament einen Gesetzesentwurf für ein neues Wahlrecht ein, am
17. April wurde er vom Juridischen Ausschuss des Parlaments anerkannt und am 18. und definitiv am 19.
April in erster und zweiter Lesung angenommen. Am 20. April unterzeichnete der
Präsident das Gesetz und es wurde sogleich im Amtsblatt veröffentlicht.
Eine
öffentliche Diskussion fand nicht statt. Stellungnahmen von Experten, massgeblichen
Gruppen der Gesellschaft, Verbänden, Initiativen wurden nicht eingeholt; nicht
einmal Stellungnahmen von Ministerien, parlamentarischen Ausschüssen oder der
General-Wahlkommission wurden eingeholt.
Es
hat den klaren Anschein, dass das neue Wahlrecht im Zusammenhang mit den
Versuchen zur Überwindung der politischen Krise des Landes zu sehen ist, die
mit dem Rücktritt der Regierung am 5. März ausgebrochen ist.
Der
Liberaldemokrat Tudor Deliu hat namens seiner Partei
eine Gesetzesinitiative angekündigt, die die Rückkehr zum Proporzsystem bei
Parlamentswahlen fordert.
Der
kommunistische Abgeordnete Grigore Petrenco forderte
ebenfalls, das Gesetz über die Einführung eines gemischten Wahlsystems
aufzuheben und das Verbot, mit UdSSR-Pässen zu wählen, zu annullieren.
Dieser
Artikel schließt 270.000 moldawische Bürger vom aktiven und passiven Wahlrecht
aus.
Der
liberale Abgeordnete Valeriu Munteanu will das
Wahlrecht vom Verfassungsgerichtshof überprüfen lassen.
Der
kommunistische Abgeordnete Anatol Zagorodnii und sein
liberaldemokratischer Kollege Ion Butmalai fordern
eine genaue Untersuchung des umstrittenen Wahlvorganges für die Wahl Corneliu Gurins zum Generalstaatsanwalt.
Das
politische Klima in Moldawien scheint sich deutlich zu verändern: In den
Umfragen liegt die kommunistische Partei bei knapp 30%, ein Plus von 4% seit
den Jänner-Umfragen. Die Liberaldemokraten liegen bei 17,5%, ein Minus von 2,5%
gegenüber Jänner; die Partei der Sozialisten von Moldawien stagnieren bei etwas
über 3%. Die Regierungsparteien verfügen dank der politischen Krise und
endloser Skandale über keine Mehrheit mehr.
Deutlich
über 40% der Befragten treten für eine
neue Regierungsbildung der im Parlament vertretenen Parteien ein.;
27% glauben, vorzeitige Parlamentswahlen wären die beste Lösung, 31% haben
keine Meinung dazu.
Dr. Peter Lüftenegger, 18.6.2013