Der
Minsker Prozess
Immer wenn es darum geht, die Sanktionen der EU gegenüber
Russland zu verlängern, verschärft sich die Lage entlang der
Waffenstillstandlinie im Osten der Ukraine. Die OSZE-Beobachter bestätigen,
dass beide Konfliktparteien an der Verschärfung Teil haben. Politischen Nutzen
daraus zieht nur die Führung in Kiew. Den Schaden haben die vielen Betriebe und
Produzenten, die unter den Sanktionen leiden. Kiew kann das egal sein; die
ukrainische Volkswirtschaft taumelt von einer Rezession in die andere; das
Minus wird ohnehin durch Hilfsprogramme aus Brüssel wettgemacht. Eine andere
wichtige Voraussetzung für den Minsker Prozess sind die Kommunalwahlen in
Lugansk und Donezk; Kiew versucht mit allen Mitteln, die Wahlen möglichst zu
verhindern indem es unrealistische Forderungen stellt. Schließlich ist die
Verfassungsreform, zu der sich Kiew verpflichtet hat und die immer wieder von
Regierung und Parlament verschoben wird, ein weiterer Kernpunkt der Minsker
Vereinbarung. Vom politischen und ökonomischen Reformprozess ganz zu schweigen,
der zwar von einzelnen EU-Vertretern immer wieder angemahnt aber von Kiew nicht
umgesetzt wird.
Für diese wenig konstruktive Haltung der Kiewer Regierung
gibt es auch noch eine Belohnung: Den Sanktionsautomatismus. Der hilft
niemandem, schadet aber vielen. Am meisten Kiew.
Peter Lüftenegger,
Editor, Wien, Juni 2016