Leviathan made in U.S.A.

Verfassungen gelten weithin als das höchste Gut von Gemeinwesen.

Sie stellen die Grundrechte ihrer Bürger unter besonderen Schutz.

Sie sollten sie vor Nachbarn, Fremden und vor allem auch vor den Begehrlichkeiten der eigenen staatlichen Ordnung schützen.

Gesellschaftliche Auf- oder Umbrüche, gar Revolutionen, gehen einher mit neuen Verfassungen.

Gorbatschow etwa ließ sich so lange per Verfassungsänderungen seine Macht zementieren bzw. ausweiten, bis er allen politischen Einfluss verlor.

Wer weiß, welche Verfassungsänderungen oder neue Verfassungen Hugo Chavez noch eingefallen wären, um seine Vision des bolivarischen Sozialismus durchzusetzen.

Eines aber ist klar: Die edelste, hehrste Verfassung wurde von den Gründervätern der Vereinigten Staaten von Amerika, inspiriert von den Prinzipien der Aufklärung und den Denkern der bürgerlichen französischen Revolution, geschaffen.

Und was ist davon übriggeblieben?

Guantanamo, Drohnenkriege, Foltergefängnisse rund um den Globus, Ende der diplomatischen Immunität, systematische Bespitzelung und Ausspionierung von Bürgern,

systematische Bespitzelung und Ausspionierung von Regierungen und staatlichen Institutionen, Durchführung weltweiter Cyberattacken, Erpressung von Firmen und Unternehmen, Erzwingung der Überlassung und Weitergabe von Informationen von Kommunikationsunternehmen an staatliche Geheimdienste.

Die Liste ließe sich noch fortsetzen.

Dafür wird der oberste politische Repräsentant vom überwiegend sozialdemokratisch besetzten norwegischen Parlamentsausschuss voreilig mit dem Friedensnobelpreis „belohnt“.

Es ist auch wenig verwunderlich, dass es überwiegend aus republikanischen Kreisen in den USA Widerstand gegen die deutlichen Tendenzen des Überwachungs- und Sicherheitsstaates gibt.

Die westliche Führungsmacht degradiert ihre „Freunde“ und Verbündeten zu Statisten, zu Lakaien, Zulieferern, störrischen und unfähigen Verwandten, die vor den Folgen ihrer eigenen Unfähigkeit geschützt werden müssen. Die Engländer wollen allerdings nicht nachstehen und zwingen den „Guardian“, alle Datenträger mit einschlägigem Material von Edward Snowden heruaszugeben.

Mittlerweile sprechen europäische Intellektuelle vom Stadium der Postdemokratie, in der es für den Leviathan keine Spielregeln gibt.

Bei Thomas Hobbes war dieser Leviathan gleichzusetzen mit dem Staat, allerdings war er damals klar definierten Spielregeln unterworfen, somit ein gefesselter Leviathan.

Das oben aufgeführte Sündenregister wird weder für einen vietnamesischen Kaufmann, noch für einen kongolesischen Bauern, einen peruanischen Gemüsehändler oder einen bengalischen Gewerbetreibenden ein überzeugendes Argument für den westlichen Wertekanon sein.

Wenn es Helden des 21. Jahrhunderts gibt, so ist Edward Snowden einer davon.

 

Dr. Peter Lüftenegger, August 2013