Karimov auf Abwegen?

 

Britische Medienblogs weisen in den letzten Tagen auf merkwürdige Vorgänge in Zentralasien hin. Der Rückzug der NATO-Truppen aus Afghanistan wirft seine Schatten voraus und die naheliegenden Rückzugsrouten lassen die benachbarten zentralasiatischen Staaten auf gute Geschäfte hoffen. Vor allem Usbekistan dürfte davon profitieren und damit der autokratische Herrscher Islam Karimov.

Eine Rückblende auf die vergangenen zehn Jahre legt einen erstaunlichen Zick-Zack-Kurs zwischen Menschenrechten, wechselnden Bündnissen und kurzfristigen Nutzungen von usbekischen Militärbasen offen.

1999 beendete Usbekistan die Mitgliedschaft in der Organisation des Kollektiven Sicherheitsvertrages (CSTO).

2001 überließ Karimov die Karshi-Khanabad-Luftwaffenbasis den USA, die die militärische Offensive in Afghanistan vorbereitete.

2002 mietete Deutschland die Termez-Luftbasis, welche zu einem Schlüsselpunkt der NATO-Streitkräfte für den Afghanistan-Einsatz wurde.

2005 ging das Karimov-Regime äußerst brutal gegen Demonstranten vor, beim Andijan-Massaker wurden rund 800 Personen getötet. Einige NATO-Mitgliedsstaaten protestierten gegen diese Vorgangsweise und gegen die massiven Verletzungen der Menschenrechte.

Darauf stoppte Karimov den Vertrag über die Luftwaffenbasis und führte Usbekistan zurück in die CSTO.

Trotzdem fuhren die USA und Großbritannien fort, das usbekische Militär auszubilden und die USA unterstützten den Aufbau der gefürchteten Geheimpolizei.

2007 wurde Karimov unter Bruch der Verfassung für eine dritte siebenjährige Amtszeit wiedergewählt. Die nächsten Präsidentschaftswahlen sind für 2015 geplant und es ist nicht zu sehen, wie die massiven sozialen und wirtschaftlichen Probleme des Landes bis dorthin gelöst werden sollten.

Nunmehr hat es offenbar eine Vereinbarung mit der NATO gegeben, die den Truppenrückzug aus Afghanistan über Zentralasien sicherstellen soll. Neben Usbekistan sind Kirgistan und Kasachstan betroffen. Bislang liegt keine Präzisierung vor, welche Güter und Begünstigungen diese Länder erhalten werden. Die führenden Familien und Clans dürften jedenfalls Hauptnutznießer sein; Karimov jedenfalls ist bekannt für seine Verbindungen. Auffallend ist auch der Umstand, dass seine Kinder und Enkel an renommierten Universitäten Europas und der USA studieren.

In jüngster Zeit  gab es beiderseitige hochrangige Besuche in den Hauptstädten, um Karimovs Streben nach internationaler Anerkennung zu befriedigen.

Ein Teil der Annäherung soll auch sein, dass Tochter Gulnara Karimov demnächst Botschafterin ihres Landes in London werden soll.

Der Ruf nach Einhaltung der Menschenrechte ist verhallt, schließlich suspendierte Karimov kürzlich wieder einmal die Mitgliedschaft im CSTO.

12.000 politische Gefangene schmachten in usbekischen Gulags. Davon gibt es Serien von Videos, zusammengestellt vom Europäischen Zentrum für Verfassung und Menschenrechte in Berlin.

Das strategische Ziel der NATO ist offensichtlich: Stärkere militärische Präsenz in der zentralasiatischen Region.

Neben politischen Unruhen muss Taschkent mit dem steigenden Heroinhandel aus Afghanistan, speziell aus dem Ferganatal rechnen. In Afghanistan kostet ein Kilo Heroin 1.000$, in Tadschikistan steigt der Preis auf 3.000-5.000$ und im Ferganatal, das an Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan grenzt, auf 15.000-20.000$.

Die wahren Herausforderungen für Usbekistan sind die zunehmenden sozialen Spannungen und der Kampf gegen Heroin. Wird das die gute Partnerschaft zwischen den USA und Usbekistan stören?

Karimov schwankt zwischen Moskau und Washington und versucht, beide in Manier eines orientalischen Bazarhändlers gegeneinander auszuspielen

Der Schlüssel zur Lösung der usbekischen Probleme liegt in Zentralasien und in der CSTO.

 

 

 

 

30. Juni 2011, Peter Lüftenegger, Editor